Filmstart: 05.03.2009
Originaltitel: Sieben Tage Sonntag
FSK: Ab 16
Verleih: timebandits films GmbH/barnsteiner-film
Laufzeit: 80 Minuten
Trailer: Klick hier

Regie: Niels Laupert
Drehbuch:
Niels Laupert
Darsteller: Ludwig Trepte, Martin Kiefer, Jil Funke, Karin Baal, Antonio Wannek, Jennifer Ulrich, Lenn Kudrjawizki, Ludwig Zimmeck, Andreas Schmidt-Schaller

siebentage

Inhalt: Eine triste Plattenbausiedlung am Rande einer Stadt, in der die Stimmung und Motivation der Bewohner ebenso trostlos ist wie ihre Umgebung. Vor allem die Jugend in dieser Gegend hat wenig Perspektive für ihre Zukunft – so auch die Freunde Adam und Tommek. Anstatt in die Schule zu gehen oder eine Ausbildung zu machen, hängen sie lieber Tag für Tag in den Straßen ab und versuchen sich die Zeit zu vertreiben. In alten Lagerhallen herumzuwüten oder eine Flasche Messwein aus der Kirche zu stehlen, gehört da noch zu den Höhepunkten des tristen Alltags. Vor seiner hart arbeiteitenden Oma und als Messdiener in der Kirche, versucht Adam noch die Rolle des braven Jungen zu spielen, aber in Wirklichkeit sieht es in ihm anders aus. Einziger Lichtblick ist noch die im gleichen Haus wohnende Sara, zu der Adam sich hingezogen fühlt. Doch auch Tommek findet Gefallen an dem Mädchen und lässt keine Gelegenheit aus, sich an sie ranzumachen. Als sich eines Abends bei einer Party die Situation zuzuspitzen scheint, kommt alles ganz anders. Adam konfrontiert Tommek mit einer drastischen Wette: Kannst du einen Menschen töten? Angespornt ihrem eintönigen Leben zu entkommen, ziehen die zwei Freunde durch die Nacht. Sind sie wirklich zu so etwas fähig? 

siebentage2

Unsere Meinung: Graue Betonbauten in trostloser Umgebung, gleichgültige Jugendliche ohne Antrieb und Zukunftsträume: Der Film „Sieben Tage Sonntag“ versetzt den Zuschauer in ein minimalistisches und realistisches Setting und lässt ihn hautnah spüren, wie es einer ganzen Generation von jungen Leuten seit vielen Jahren geht und dass sie es – einmal dort gelandet – kaum wieder zu verlassen schaffen. Ganz im Gegenteil: Beruhend auf einer wahren Geschichte, die sich vor 13 Jahren in Polen zugetragen hat, zeigt Regisseur Niels Laupert, wohin diese Frustrationen Jugendlicher über ihr zielloses und deprimierendes Leben im Extremfall führen kann. Ohne ersichtlichen Grund kann aus einem Menschen, der einfach nur schlecht erzogen oder anfällig für Aggressionen ist, ein Monster werden, dem nichts an einem Menschenleben liegt. Mit den Jungdarstellern Ludwig Trepte und Martin Kiefer bewies der Regisseur ein gutes Händchen. Sie spielen sehr überzeugend und passen mit ihrer realistischen Darstellung außerordentlich gut in die traurige Kulisse. Die Geschichte von Adam und Tommek schockiert und regt dazu an, sich Gedanken darüber zu machen, was auch heute noch jeden Tag in den Siedlungen und auf den Straßen der sozial Schwächeren passieren könnte. Der ungeschönte Blick, den der Film auf dieses Problemfeld wirft, ist ungewohnt hart und schnörkellos, man muss sich erst daran gewöhnen – gerade wenn man teure Hollywood-Produktionen gewöhnt ist. Aber letztlich ist diese Darstellung auch die Einzige, die dem Thema wirklich entspricht und gerecht wird. Wer sich darauf einlässt, wird von Szenen aus dem echten Leben überwältigt. Nicht alles lässt sich nachvollziehen oder erklären, aber das ist es, was das wahre Leben ausmacht. Dinge – vor allem brutale und unmenschliche – geschehen oft ohne dass man sie hinterher sachlich erklären oder nachvollziehen kann. Auf diese Tatsache macht der Film auf sehr eindringliche Weise aufmerksam und lässt einen sprachlos zurück.

siebentage3

Hintergrund: Alles begann im August 2000, als Niels Laupert im Magazin der Süddeutschen Zeitung einen Artikel las, der von zwei Jugendlichen handelte, die um ein Menschenleben wetteten. Der nüchterne und wertfreie Bericht über die auffallende Brutalität der Beiden, ließ Laupert nicht mehr los. Erst ein Jahr später kam es zu einem Treffen mit der Journalistin, die den Artikel verfasst hatte. Von ihr erhielt der Filmemacher viel wertvolles Informationsmaterial zum Fall, der sich 1996 in Polen zugetragen hatte. 2006 schaffte er es mit den wahren Tätern Interviews zu führen – momentan arbeitet er an einer Dokumentation darüber. Doch zunächst drehte Laupert den Film „Sieben Tage Sonntag“ an nur 16 Drehtagen und kaum nennenswertem Budget. Er legte viel Gewicht auf eine möglichst wertfreie Sicht auf die Dinge und hielt sich so nah wie möglich an den wahren Tathergang. „Wenn es einen Schuldigen gibt, ist die Sache schnell vergessen“, erklärte der Regisseur in einem Interview und hofft mit seiner Erzählweise etwas nachhaltiger zu wirken. Trotz dieser eher neutralen Darstellung war Laupert bei seiner Beschäftigung mit dem Fall über den Mangel an Motiven und das Fehlen jeglicher Einsicht und Reue bei den beiden Tätern äußerst schockiert. Aufgrund dieser Umstände wurde an den beiden damals 16jährigen ein Exempel statuiert. Sie wurden nach Erwachsenenstrafrecht zu 25 Jahren lebenslänglich verurteilt. Selbst beim Interview mit dem Regisseur des Films – also nach 10 Jahren Haft – zeigten die beiden Männer keinerlei Reue.

siebentage4

Fazit: Wenn jeder Sonntag in unserem Leben so aussehen würde wie der Alltag der Protagonisten, würden wahrscheinlich weit mehr Menschen durchdrehen als angenommen. Langeweile und Lustlosigkeit als Quelle für ungeahnte Horrortaten. Eine eindrucksvolle Geschichte, einfach aber wirksam auf Zelluloid gebannt. Dafür gibt es 75/100 Punkten. 
(cap)

Kommentare

Schreibe einen Kommentar